08/08/2024 0 Kommentare
Was können wir gegen Rassismus tun?
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Was können wir gegen Rassismus tun?
Eindrücklicher Vortrag von Prof. Dr. Narku Laing in der Pauluskirche
„Wie können wir als Kirche dafür sorgen, dass wir in unserer Gesellschaft diskriminierungsfrei miteinander umgehen?“ Diese Frage markierte den Auftakt zum Vortrag von Prof. Dr. L. Narku Laing in der Pauluskirche. Viel mehr Besucherinnen und Besucher als erwartet waren gekommen, sodass Pfarrer Constantin Decker bis zum Beginn der Veranstaltung immer wieder weitere Stühle aufstellen musste. Das Thema des Abends, „Kirche und Rassismuskritik: Was können wir gegen Rassismus tun?“, schien viele zu interessieren.
„Ich freue mich sehr, heute Abend hier sein zu können und mit Ihnen über dieses Thema zu sprechen“, so Narku Laing. „Denn es ist noch nicht selbstverständlich, dass wir in Kirche darüber reden.“ Im Laufe des Abends zeigte sich immer wieder, was Laing zu Beginn erklärt hatte: „Ich habe Kritik an der Kirche und gleichzeitig bin ich auch Seelsorger und fühle mich meiner Kirche tief verbunden.“
Narku Laing ist Diversity Trainer und Minderheitenrechtler. Seit 2015 führt er als Geschäftsführer sein Sozialunternehmen Vielfaltsprojekte GmbH. An der Evangelischen Hochschule Bochum wurde er zum Professor für Sozialwissenschaften und Rassismusforschung berufen.
Laings Vortrag war gespickt mit vielen persönlichen Erzählungen und Erfahrungen einerseits und Verweisen auf empirische Fakten und wissenschaftliche Studien und Texte andererseits und wirkte vielleicht gerade wegen dieser Mischung besonders eindrücklich. „Wir leben in einer Gesellschaft, in der Gläubige aus Afrika, Südkorea und anderen Ländern ihre eigenen Gottesdienste feiern und in der es mehr ethische Trennung in unserer Kirche gibt als am Arbeitsplatz“, erklärte er.
„Ich habe großes Verständnis dafür, dass es so viele herkunftssprachliche Gottesdienste gibt – und gleichzeitig macht es mich als Christ traurig.“ Warum, fragte Laing, holen wir diese ausländischsprachigen Gemeinden nicht rein in unsere Kirchen und Gemeinden? Warum feiern wir nicht die Vielfalt und feiern Gottesdienste in vielen Sprachen gemeinsam? Und mit einem Augenzwinkern fügte er an: „Das Essen nach den Gottesdiensten wäre dann auf jeden Fall besser.“
Als Schwarzer Mann mache er alltäglich die Erfahrung, „dass jemand, der so aussieht wie ich, nicht normal ist.“ Lehrer sagten ihm, er sei zu intelligent für einen Schwarzen. Auch für sein gutes Deutsch werde er immer wieder belobigt. Besucht er den Gottesdienst in seiner Kirchengemeinde, freuten sich die Menschen, dass mal wieder „Besuch aus Afrika“ da sei. Als Kind habe er immer wieder gehört, Kirche sei ein Ort, an den man sich wenden können, wenn man Hilfe braucht. „Als von Armut betroffenes Kind ist mir dort geholfen worden. Als Kind, das Rassismus erlebt, habe ich auf meine Fragen immer nur falsche Antworten bekommen, die mir nicht geholfen haben.“ Es sei empirisch nachweisbar, dass Minderheiten der Kirche nicht vertrauen, wenn sie von Rassismus betroffen sind.
Einen weiteren Aspekt, der zur Bedeutung des Themas Rassismus in Kirche beiträgt, verdeutlichte Narku Laing mit Zahlen. „Im Ruhrgebiet haben aktuell etwa 80 Prozent aller Grundschüler einen Migrationshintergrund. Gleichzeitig wird unsere Kirche immer älter und immer kleiner. Deswegen bitte ich auch zum Wohle der Kirche darum, dieses Thema ernst zu nehmen.“
Während seines rund einstündigen Vortrags ging Narku Laing auf den Ursprung und die Geschichte von – auch biblisch begründetem – Rassismus ebenso ein auf antirassistische Bewegungen. „In der ganzen Zeit des Rassismus gab es immer auch weißen Protest, in und außerhalb der Kirche.“ Er betonte zudem, dass Rassismus kein ausschließlich rechtsständiges Problem sei, verkörpert von einer bestimmten und leicht erkennbaren Gruppe von Menschen. „Es ist etwas normales. Es steckt in den Strukturen unserer Gesellschaft.“ Die Wahrscheinlichkeit, an der Grenze Europas abzuleben, sei abhängig von der Hautfarbe – aber diese Tatsache sei kein permanenter Teil unseres Alltags. „Wir waren alle sehr empört über die Mauer der USA zu Mexiko – aber sind wir genauso empört über die Mauern in Griechenland, in Polen und an anderen EU-Außengrenzen?“
Im Anschluss an den Vortrag nutzten viele der Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit, Fragen zu stellen und in den Austausch zu kommen. Die Bandbreite reichte dabei von der Bitte um Literaturempfehlungen bis zur Frage, wie als weißer Mensch geholfen werden könne, ohne in das Schema des „White Saviours“ zu verfallen. „Warum schicken wir nicht mal gut ausgebildete Menschen nach Afrika statt Abiturienten?“, war Laings Vorschlag. Er betonte aber auch: „Bitte hören Sie nicht auf zu helfen.“ Er erzählte von dem Kapitän eines Seenotrettungsschiffes, der von sich sagte, er sei kein Christ, sondern rette einfach nur Menschen in Not. „Mir geht es nicht um die Moralität der Motivation. Sondern um die Moralität des Handelns.“
Prof. Dr. Narku Laing hielt in der Pauluskirche vor vielen interessierten Besucherinnen und Besuchern einen eindrücklichen Vortrag über Rassismus und Kirche. Foto: Kirchenkreis
David Schupp (Vielfaltsprojekte GmbH), Narku Laing und Constantin Decker, der den Vortrag in der Pauluskirche organisiert hatte. Foto: Kirchenkreis
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