Es gibt einen Tod nach dem Leben

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Es gibt einen Tod nach dem Leben

Künstlerische Intervention in der Pauluskirche

Es gibt einen Tod nach dem Leben. Leben und Tod, das sind die zentralen Themen der Ausstellung, die noch bis zum 15. Oktober in der Pauluskirche in der Bochumer Innenstadt zu sehen ist.

Das „Polyptychon der Lebenden und der Toten“ des Wuppertaler Künstlers Gerhard Rossmann bevölkert den Kirchenraum: Auf 120 Quadratmetern Fußboden und auf 10 Wandtafeln stellen insgesamt 216.000 Icons die Menschen dar, die vor uns gelebt haben und die derzeit auf der Erde leben. 100 Milliarden Tote der Weltgeschichte und 8 Milliarden Lebende der Gegenwart passen auf diese Weise in die Pauluskirche. Die unterschiedlichen Formen und Farben der Icons geben Auskunft über natürliche und gewaltsame Todesursachen.

Warum macht man so etwas in einer Kirche? Die Pauluskirche, so Pfarrer Constantin Decker in seiner Begrüßung, befindet sich derzeit in einer Experimentierphase. „Die Kirche ist ein öffentlicher Raum. Und die Auseinandersetzung mit dem Tod kann spirituell oder religiös sein, sie ist aber vor allem menschlich.“  Der Tod ist die eine Gewissheit im Leben: Wir wissen nicht, wann es so weit ist, aber wir wissen, dass er kommen wird.

Ein Zählwerk, an die Decke der Pauluskirche projiziert, zeigt laufend die steigenden Zahlen der Toten und Lebenden an. „In jeder Sekunde kommen vier Neugeborene dazu, während statistisch gesehen 1,76 Menschen sterben“, erklärt Gerhard Rossmann. Mit 8 Milliarden Menschen leben derzeit mehr Menschen auf der Erde als jemals zuvor. Wie viele vor uns schon da waren, hat der kanadische Demograph Nathan Keyfitz mit einer Formel, die Geburtenraten, Lebenserwartungen und Dauer der fortpflanzungsaktiven Zeit einer Generation einbezieht, errechnet und kommt auf 100 Milliarden Verstorbene. Die Todesursache war in den meisten Fällen eine natürliche. Etwa 400 bis 650 Millionen Menschen sind durch die 30 größten Kriege um’s Leben gekommen.

Das lässt sich auch an den Wandtafeln, die zu beiden Seiten in der Pauluskirche aufgehängt worden sind, ablesen. Die Kriege, deren Todesopfer in roten Icons dargestellt werden, bilden je nach ihrer Dauer und Opferzahl unterschiedliche geometrische Formen. Ein einzelnes Icon steht dabei für 500.000 Menschen. Ein Erdhügel, aufgeschüttet im Kirchenschiff, gibt archäologische Fundstücke von Kriegsschauplätzen preis.

Man bekommt ein Gefühl der Endlosigkeit. Jeder einzelne Mensch ist Teil des Ganzen, die Zahlen an der Decke laufen unaufhörlich weiter. Das Leben endet mit dem Tod – oder doch nicht? Es gibt einen Tod nach dem Leben. Und Leben nach dem Tod. 100 Milliarden Tote, diese unfassbar große Zahl, macht Gerhard Rossmann noch auf andere Weise greifbar: 100 Milliarden feinste Sandkörner befinden sich in einem Glaskubus nah am Eingang der Kirche.

Die Kooperation von Gerhard Rossmann und der Evangelischen Kirchengemeinde Bochum begann im Herbst 2022. „Pfarrer Constantin Decker war von Anfang an Befürworter meines Konzepts für das Polyptychon“, so Gerhard Rossmann. „Über die Monate entstand eine wunderbare Zusammenarbeit.“

Das normale kirchliche Gottesdienstleben läuft während der Ausstellung wie gewohnt weiter – im, auf und unter dem Polyptychon. Ein Begleitprogramm rundet die Ausstellung ab:

  • Am 17. September, 19 Uhr, zeigt das ArtENSEMBLE Bochum das Theaterstück „Singvögel und Raben waren auch nicht mehr da“ nach dem gleichnamigen Buch von Shigemi Ideguchi
  • Am 24. September, 19 Uhr, gibt es ein Konzert mit der ukrainischen Akkordeonistin Tetiana Muchychka
  • Am 29. September, 19 Uhr, hält Dr. Maximilian Schell (Ruhr-Universität Bochum) einen Vortrag zum Thema „Frieden schaffen mit und ohne Waffen. Die Friedensethik der Evangelischen Kirche vor und nach der Zeitenwende“. Tickets unter www.polyptychon.de.

Der Besuch der Ausstellung ist kostenlos und täglich von 10 bis 18 Uhr möglich.

Insgesamt 216.000 Icons, ein Teil davon auf dem Fußboden, stellen in der Pauluskirche Lebende und Tote der Welt dar. Foto: Kirchenkreis

Ein Erdhügel gibt archäologische Funde von Kriegsschauplätzen frei. Foto: Kirchenkreis

Gerhard Rossmann (rechts) freut sich über die Zusammenarbeit mit Pfarrer Constantin Decker und der Kirchengemeinde Bochum. Foto: Kirchenkreis

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