Die Verlegung der Stolpersteine und der Besuch der Verwandten aus aller Welt war das Ergebnis intensiver Recherche-Arbeit im Rahmen des Kohlengräberland-Projektes unter Leitung von Ulrich Kind. Schülerinnen und Schüler der Erich-Fried-Gesamtschule in Herne leisten in diesem Projekt ihren Beitrag gegen das Vergessen und für eine lebendige Erinnerungskultur. Seit 2017 arbeiten sie an einem digitalen Geschichtsarchiv für den Bochumer Norden. Im Mittelpunkt der „Geschichtswerkstatt unter dem Förderturm“ steht die Zeche Lothringen. Neben der Bergbaugeschichte ist die nationalsozialistische Terrorherrschaft in Gerthe und Hiltrop ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit.
Das Ergebnis ihrer intensiven Recherchen präsentierten die Schülerinnen und Schüler nach der Verlegung der Stolpersteine auf der Lothringer Straße in der Christuskirche.
Die jüdische Kaufmannsfamilie Leo und Bertha Müntz wohnte bis 1938 mit ihren Kindern Siegfried, Alwin und Anna Rosa in der Lothringer Straße gegenüber der Christuskirche. Die Kinder besuchten den evangelischen Kindergarten, der damals von der Frauenhilfe im Gemeindehaus Bethanien unterhalten wurde. Wenige Häuser weiter betrieb Leo Müntz lange Jahre ein gut gehendes Möbel- und Manufakturwarengeschäft, bis die Familie von den Nationalsozialisten auseinandergerissen und vertrieben wurde. Die Jungen Siegfried und Alwin entkamen mit einem der Kindertransporte nach England. Die Eltern und Anna Rosa verließen Deutschland 1939. Erst Jahre später fanden Eltern und Kinder wieder zusammen.
„Es ist mir eine große Ehre, heute die Nachkommen von Leo und Bertha Müntz an dem Ort zu empfangen, an dem ihre Vorfahren gelebt haben“, eröffnete Pfarrer Till Weiß die Gedenkveranstaltung in der Christuskirche. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Bochum – Herne – Hattingen, Grigory Rabinovich, betonte: „Unsere Gemeinde hier in Bochum ist heute groß und lebendig. Das ist ein Zeichen, dass die Nazis nicht recht hatten und verloren haben.“ Es freue ihn besonders, wenn junge Menschen die Erinnerungen wachhalten. „Ohne Erinnerung gibt es keine Zukunft. Das ist eine Floskel, aber es stimmt.“