Jeder Mensch ist ein Abbild Gottes

Erstellt am 01.02.2022

Gottesdienst zum Fotoprojekt von Diakonie Ruhr und Fotografin Anja Micke

„Ich bin“: Zwei kleine Worte, in denen so viel steckt. „Diesen Worten wollen wir heute nachspüren“, so begrüßte Pfarrer Constantin Decker die Besucherinnen und Besucher des Gottesdienstes am 30. Januar in der Lutherkirche. Im Mittelpunkt stand das gleichnamige Kunstprojekt von Fotografin Anja Micke. Als Geschichtensammlerin stellte Constantin Decker sie vor, die während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 ihr Herzensprojekt umsetzte.

Als hauptamtliche Mitarbeiterin arbeitet Anja Micke in der Notschlafstelle im Fliednerhaus der Diakonie Ruhr. In normalen Zeiten versorgt sie dort während der Nachtschicht obdachlose Menschen mit Essen, Getränken und einem Bett für die Nacht. „Während des Lockdowns war das Fliednerhaus, anders als sonst, 24 Stunden für die Menschen geöffnet. Dadurch gab es auch ganz neue Möglichkeiten, sich intensiver mit den Personen zu beschäftigen und ihre Geschichten anzuhören“, erzählte sie im Gottesdienst.

38 Personen hat sie für ihr Projekt fotografiert. Die Fotos, die dabei entstanden, wurden jetzt in einem Bildband unter dem Titel „Ich bin“ veröffentlicht. Bei manchen waren es ganz kurze Sessions, mit anderen entwickelten sich längere Gespräche vor und nach dem Shooting. „Diese Menschen haben sich getraut sich zu zeigen. Ihre Gesichter sprechen Bände“, so Anja Micke. „Ich bin mehr als der Mensch ohne Obdach. Nehmt mich wahr. Ich lebe, ich bin.“

Pfarrer Constantin Decker stellte die Bilder, von denen fünf im Altarraum der Lutherkirche präsentiert wurden, in einen biblischen Kontext. „Als ich von dem Fotoprojekt gehört habe, kam mir sofort der Gedanke an die Geschichte im Alten Testament, bei der Gott Mose zur Befreiung des israelischen Volkes aus Ägypten beruft.“ Als Mose fragt, wie er seinem Volk erzählen soll, wer ihn geschickt habe, antwortet Gott: Ich bin da.

„Ich bin: Diese Wörter sind eine Zusage, aber auch ein Anspruch“, so Constantin Decker. Eine bewusste Entscheidung sei es gewesen, die Porträts im Gottesdienst unter anderem am Taufbecken, am Altar und am Kreuz aufzuhängen – an zentralen Elementen im Kirchraum und Symbolen des christlichen Glaubens. Er erinnerte daran, dass nach der Überzeugung von Jesus jeder Mensch ein Abbild Gottes sei, „egal welchen Platz unsere Gesellschaft ihm zuweist. In unserem Gegenüber können wir Gott begegnen.“

Viele Besucherinnen und Besucher nutzten im Anschluss an den Gottesdienst die Möglichkeit, mit Anja Micke in’s Gespräch zu kommen, einen der Fotobände zu kaufen oder die Porträts in der Kirche noch einmal genau zu betrachten. Die Kirchengemeinde Bochum hatte – ebenso wie weitere Gemeinden und Institutionen in Bochum – eine Patenschaft für diese fünf Bilder übernommen und die Aktion mit einer Spende für die VILLA, eine Einrichtung der Diakonie für wohnungslose Frauen und Männer mit psychischen Erkrankungen, unterstützt. Kirche und Diakonie in Bochum pflegen als „Team für hier“ eine enge Partnerschaft und sind auf vielfältige Weise für die Menschen in der Stadt da.

Anja Micke und Pfarrer Constantin Decker gestalteten den Gottesdienst in der Lutherkirche gemeinsam. Foto: Kirchenkreis

Viele Besucherinnen und Besucher nutzten im Anschluss an den Gottesdienst die Möglichkeit zum Austausch und zur Betrachtung der Porträts. Foto: Kirchenkreis