Viel Freude im Ehrenamt

Erstellt am 07.01.2022

Bochums jüngste Frauenhilfe-Vorsitzenden leiten Gruppen in Stiepel

Wer bei dem Begriff ‚Frauenhilfe‘ an eine Gruppe von Seniorinnen denkt, die sich regelmäßig zum Kaffeetrinken und Austausch treffen, liegt damit in der Regel nicht falsch. Auch auf die beiden Frauenhilfen in der Evangelischen Kirchengemeinde Stiepel trifft das zu. Mit einem entscheidenden Unterschied: Ihre Leiterinnen sind deutlich jünger – „erstaunlich jung“, wie Pfarrerin Christine Böhrer sagt.

Kerstin Zimmermann und Nina Behrendt-Raith verbinden einige Gemeinsamkeiten: Beide sind Presbyteriumsmitglieder in Stiepel, beide sind auch beruflich in kirchlichen Zusammenhängen tätig – Kerstin Zimmermann als Erzieherin in einer evangelischen Kita in Bochum, Nina Behrendt-Raith im Veranstaltungs- und Fördermittelmanagement bei der Diakonie Ruhr. Und: Beide sind mit Mitte dreißig bzw. Mitte vierzig Vorsitzende der Frauenhilfen in Stiepel geworden und damit die „mit Abstand jüngsten“ Frauenhilfsvorsitzenden in Bochum. Wie sind die beiden Frauen zu dieser ehrenamtlichen Aufgabe gekommen?

„Ich habe schon 2019 davon gehört, dass die Frauenhilfe Stiepel-Haar sich vermutlich auflösen wird, weil es niemanden gab, die den Vorsitz übernehmen wollte“, erzählt Nina Behrendt-Raith. Zu dem Zeitpunkt trafen sich dort noch um die 40 Frauen regelmäßig einmal im Monat. „Ich fand es zu schade, dass es diese aktive Gruppe nicht mehr geben sollte, nur weil sich niemand die Leitungstätigkeit zutraut.“ Also erklärte sie sich bereit diese Funktion zu übernehmen. Da in der Zwischenzeit schon eine Interimslösung für ein Jahr gefunden worden war und dann die Pandemie die gewohnten Abläufe durcheinander wirbelte, kam es erst gut zwei Jahre später zur Wahl: Im November des letzten Jahres wurde Nina Behrendt-Raith zur Vorsitzenden gewählt.

Kerstin Zimmermann ist schon eine Weile länger dabei. „Vor sechs Jahren war ich auf der Suche nach einem Ehrenamt und dachte, die Frauenhilfe könnte ein guter Ort dafür sein.“ Seitdem leitet sie die Frauenhilfe Stiepel-Dorf, die schon ihre Großmutter besuchte. „Meine Oma ist dort immer so gern hingegangen, daran konnte ich mich noch sehr gut erinnern. Was genau alles hinter diesem Amt steht, wusste ich gar nicht so genau.“

In ihren Anfangsjahren am Ende des 19. bzw. Beginn des 20. Jahrhunderts war die Frauenhilfe eine der wenigen Möglichkeiten für Frauen, sich gesellschaftlich zu engagieren. Vom öffentlichen und politischen Leben waren Frauen zu der Zeit weitestgehend ausgeschlossen. Heute sind vor allem der gegenseitige Austausch und das Gemeinschaftsgefühl für die Frauen wichtig. „Ich finde es so wichtig, dass die Frauen diese Gemeinschaft untereinander haben. Sie sind eine tolle Gruppe, sie wissen voneinander und kümmern sich“, erzählt Kerstin Zimmermann. Die vergangenen knapp zwei Jahre waren für die Gruppen nicht einfach, viele Treffen mussten ausfallen. „Während der Pandemie haben die Frauen viel miteinander telefoniert und Briefe geschrieben.“

Die Reaktionen auf die jungen Vorsitzenden war ein beiden Frauenhilfen durchweg positiv. „Die Frauen sind ein bisschen überrascht gewesen, sehr neugierig, aber vor allem auch sehr dankbar“, so Nina Behrendt-Raith. Für einige war es auch eine kleine Umstellung. Da Kerstin Zimmermann und Nina Behrendt-Raith berufstätig sind, müssen sie sich gut organisieren. Einige Aufgaben, wie das Kaffeekochen, die Besorgung des Kuchens oder die Kassenabrechnung, übernehmen daher nun andere Frauen aus den Gruppen.

Das Nachwuchs-Problem, das evangelische Frauenhilfen in allen Gemeinden zu spüren bekommen, kennen auch die Stiepeler Vorsitzenden. Auch ihre Gruppen werden kleiner, der Bewegungsradius der Frauen eingeschränkter, größere Ausflüge beispielsweise sind nicht mehr möglich. Das können auch die jungen Vorsitzenden nicht ändern. „Frauen haben heute ganz andere Möglichkeiten, sich politisch oder gesellschaftlich zu engagieren“, sagt Nina Behrendt-Raith. „Am Ende des Berufslebens oder am Beginn des Ruhestandes fühlen sich viele Frauen heute noch jung und sind noch viel aktiver, als es früher der Fall war“, ergänzt Kerstin Zimmermann. „Häufig sind sie zum Beispiel für die Betreuung ihrer Enkelkinder verantwortlich oder suchen sich andere Aufgaben.“ Dennoch möchten beide dieses besondere Ehrenamt nicht missen. „Die Treffen geben mir aber auch sehr viel“, betont Kerstin Zimmermann. „Ich freue mich immer sehr, weil ich genau spüre, dass ich den Frauen damit eine große Freude machen kann.“

Kerstin Zimmermann (Stiepel-Dorf) und Nina Behrendt-Raith (Stiepel-Haar, v.l.) sind die beiden jüngsten Frauenhilfe-Vorsitzenden in Bochum.