Anfassen erlaubt

Erstellt am 07.06.2021

Pietrasensofon verbindet in der Friedenskapelle Wort und Raum

Wer bei Google oder einer anderen Suchmaschine im Internet einen Begriff eingibt, bekommt in der Regel zahlreiche Ergebnisse angezeigt, die mal mehr, mal weniger gut zum Gesuchten passen. Eher selten ist es, dass es überhaupt keinen Treffer zu einem Suchbegriff gibt.

In der Friedenskapelle im Stadtteilzentrum Q1 in Bochum-Stahlhausen steht seit kurzem ein Pietrasensofon. Um zu erfahren, was das ist, lohnt es sich nicht eine Suchmaschine zu bemühen: Null Treffer. Viel besser ist es, dieses besondere Objekt selbst in Augenschein zu nehmen. Das Pietrasensofon wurde im Q1 erdacht und entwickelt. Die einzelnen Silben in seinem Namen verraten, worum es geht: Steine (pietra, italienisch: Stein), Sensoren und Geräusche spielen eine Rolle.

„Wir haben überlegt, wie wir hier in der Friedenskapelle einen zusätzlichen Impuls schaffen können“, erzählt Dorothee Schäfer, die als Residenzkünstlerin im Q1 arbeitet. Die Grundidee sei natürlich, dass Besucherinnen und Besucher die Kapelle als Raum genießen. „Wir trauen dem Raum viel zu“, ergänzt Pfarrer Holger Nollmann von der Evangelischen Kirchengemeinde Bochum. Dennoch sei da ein Gefühl gewesen, es fehle noch irgendetwas.

Dem Gedanken, mit Ton und Klang zu arbeiten, folgte die Entstehung des Pietrasensofon. Von der ersten Idee bis zur Umsetzung vergingen mehrere Jahre. „Aber diese Zeit hat es auch gebraucht“, sagt Dorothee Schäfer. Jetzt steht das Objekt in der Friedenskapelle und fügt sich so harmonisch in den Raum ein, als hätte es schon immer dort gestanden. Dennoch fällt es schnell in’s Auge und weckt das Interesse.

„Hier darf man auch das tun, was in Museen meistens nicht erlaubt ist“, lacht Dorothee Schäfer. Beim Pietrasensofon gilt: Anfassen erlaubt. Auf einem Sockel und einer Platte aus Fichtenholz liegen fünf Steine. Wird ein Stein hochgenommen, fällt durch einen darunterliegenden Sensor Licht ein. Das Licht ist der Auslöser, durch den eine Audio-Datei abgespielt wird. Fünf verschiedene Texte sind zu hören, darunter ein biblischer (der gleichermaßen bekannte wie beliebte Psalm 23), aber auch Gedichte. Eingesprochen hat sie die Schauspielerin Maria Wolf. Die Texte können und sollen gelegentlich ausgetauscht werden.

Der Stein kann wieder zurückgelegt werden, die Erzählung läuft dennoch bis zum Ende. Oder man behält den Stein in der Hand, nimmt einen Moment Platz und lässt Worte und Raum gleichermaßen auf sich wirken. Möglich ist das zum Beispiel montagnachmittags, dann ist die Friedenskapelle für Besucherinnen und Besucher geöffnet und Gelegenheit, sich ein eigenes Bild zu machen von diesem Objekt, das nicht einmal Google kennt.

 

Residenzkünstlerin Dorothee Schäfer und Pfarrer Holger Nollmann haben das Pietrasensofon im Q1 erdacht und entwickelt.

Unter den Steinen ist ein Sensor angebracht. Wird ein Stein hochgehoben, wird durch den Lichteinfall eine Aufnahme abgespielt.