Bochumer Nachtgebet nach Schüssen auf die Synagoge

Erstellt am 01.05.2021

Nachtwache als Zeichen der Solidarität der christlichen Kirchen mit der jüdischen Gemeinde

Nach Schüssen in der Bochumer Innenstadt in der Nacht zu Montag, den 26. April, bei denen auch die Bochumer Synagoge und das benachbarte Planetarium getroffen wurden, setzten die evangelische und die katholische Kirche in Bochum am Ende derselben Woche ein deutliches Zeichen der Solidarität mit der jüdischen Gemeinde. Sie organisierten eine Nachtwache in der Nacht zu Samstag, 1. Mai, unter der Überschrift „Bochumer Nachtgebet“.

„Als ich von den Schüssen in unserer Stadt und auf die Synagoge gehört habe, war ich fassungslos“, sagte Superintendent Gerald Hagmann. „Ob die Schüsse politisch, religiös oder anders motiviert waren, im Fokus stehen die Jüdinnen und Juden: Männer, Frauen und Kinder, die jetzt natürlich beunruhigt und verunsichert sind. In dieser Situation ist es uns wichtig zu zeigen, dass uns unsere jüdischen Geschwister am Herzen liegen und wir als Glaubensgemeinschaften in Bochum füreinander da sind.“ Er sei sehr froh, dass auch der Oberbürgermeister und der Polizeipräsident sofort signalisiert hätten, dass sie trotz der Pandemie die Aktion unterstützen.

Anders als im Jahr 2019 nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle, als 10.000 Bürgerinnen und Bürger auf Initiative der christlichen Kirchen eine Menschenkette um die Bochumer Synagoge bildeten, waren aufgrund der Corona-Pandemie keine Versammlungen möglich. Aus diesem Grund übernahmen Pfarrerinnen und Pfarrer und weitere Hauptamtliche der  evangelischen und katholischen Kirche die Nachtwache von Sonnenuntergang am Freitagabend bis zum Sonnenaufgang und dem Gottesdienst der jüdischen Gemeinde am Schabbat.

Auf die Aufrufe innerhalb der Kirchen meldeten sich in kurzer Zeit 30 Hauptamtliche, die diese Aktion unterstützen wollten. In Zweier-Teams oder allein übernahmen sie jeweils für eine Stunde die Wache. Da sie im Rahmen ihrer Berufsausübung an dem Nachtgebet teilnahmen, konnten sie sich trotz der Ausgangsbeschränkung auch in der Nacht vor der Synagoge aufhalten. Alle Infektionsschutzmaßnahmen wurden eingehalten. Immer zur vollen Stunde hielten die Teilnehmenden an einer entzündeten Kerze ein Nachtgebet für den Frieden.

„Mit dem Nachtgebet stellen wir uns an die Seite unserer jüdischen Geschwister“, erklärte Stadtdechant Michael Kemper. „Wir wachen bei ihnen, wir beten für sie und für unsere Stadt.“ Mit der Nachtwache wolle man auch allen Bochumerinnen und Bochumern signalisieren, es sei wichtig, wach zu bleiben, wenn sich Tendenzen regen, die die Religion oder Demokratie gefährden könnten.

Oberbürgermeister Thomas Eiskirch und Polizeipräsident Jörg Lukat dankten den Kirchen für ihr Engagement. „Für die Jüdinnen und Juden in unserer Stadt war es ein sehr erschreckender Moment, in dem sich zeigte, wie verletzlich man ist“, sagte Thomas Eiskirch. Jörg Lukat betonte: „Die Motivation hinter den Schüssen ist gar nicht so wichtig, entscheidend ist, dass es zu Verunsicherung kommt. In dieser Situation muss man als Stadtgesellschaft, und dazu zählt auch die Polizei, ein Zeichen setzen.“

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Bochum – Herne – Hattingen, Grigory Rabinovich, bedankte sich für die Initiative der evangelischen und katholischen Kirche. „Ich bin erleichtert, dass nur auf Steine geschossen wurde, nicht auf Menschen, sodass niemand zu Schaden gekommen ist.“ Er machte deutlich: „Wir haben uns dieses Land und diese Stadt, Bochum ausgesucht, hier ist unsere Heimat.“

Grigory Rabinovich, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Bochum - Herne - Hattingen, Polizeipräsident Jörg Lukat, Stadtdechant Michael Kemper der Katholischen Kirche Bochum und Wattenscheid, Superintendent Gerald Hagmann des Evangelischen Kirchenkreises Bochum und Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (v.l.) bei Beginn der Nachtwache am Freitagabend. Foto: Christian Schnaubelt / bochum-katholisch.de

Stadtdechant Michael Kemper (li.) und Superintendent Gerald Hagmann initiierten die Nachtwache. Foto: Christian Schnaubelt / bochum-katholisch.de

Foto: Christian Schnaubelt / bochum-katholisch.de