Die Hilfsbereitschaft der Eppendorfer war groß

Erstellt am 16.10.2020

Das Netzwerk Flüchtlingshilfe Eppendorf begeht 5-jähriges Bestehen

Das „Netzwerk Flüchtlingshilfe Eppendorf“ gibt es nun seit fünf Jahren. Annette Kiel (v.l.), Ralf Michalzik, Gaby Utgenannt sowie Kriemhild und Günter Ruddat vom Koordinierungsrat ziehen Bilanz. Foto: Fritz-Wicho Herrmann-Kümper

„Unser erstes Treffen hatten wir mit etwa 50 Leuten in der Gaststätte ‘Zur Krone‘ am 1. September 2015. Beim nächsten Treffen waren es schon nahezu 80 Personen.“ Daran erinnert sich Günter Ruddat von der Evangelischen Kirchengemeinde Eppendorf. Aus dem ersten Treffen entwickelte sich das Netzwerk Flüchtlingshilfe Eppendorf, das nun sein fünfjähriges Jubiläum beging. Die Aktiven aus dem Koordinierungsrat des Flüchtlingsnetzwerks blickten nun – beim ersten Wiedersehen nach der durch die Corona-Pandemie bedingten Zwangspause – zurück auf ereignisreiche Jahre. „Diese Zeit bot Erfolgserlebnisse, aber auch Frust“, fasst der Professor im Ruhestand das Auf und Ab der ehrenamtlichen Tätigkeit vieler Bürgerinnen und Bürger und Organisationen im Stadtteil für Flüchtlinge zusammen.

Das evangelische Gemeindehaus „In der Rohde“ bleibt auch zukünftig Anlaufstelle für die Geflüchteten. „Wir sind hier und helfen nach Möglichkeit weiter“, erklärt Kriemhild Ruddat dazu. Schließlich hätten die Menschen, die man über die Flüchtlingsarbeit kennengelernt habe, auch heute Fragen und Sorgen. Etwa wie es weitergeht, so lange das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist. „Wir gehen mit zum Termin beim Ausländerbüro oder zu Ärzten. Wir begleiten auch zu den Konsulaten, wenn es etwa um die Verlängerung des Reisepasses oder den Familiennachzug geht“, berichtet Gaby Utgenannt, eine der ehrenamtlich Engagierten.

Erster Anlaufpunkt für das Netzwerk Flüchtlingshilfe war die alte Schule „Ruhrstraße“, weil die Stadt Bochum im September 2015 dort 80 Geflüchtete einquartierte. Der heutige Koordinierungsrat entstand, um die Aktivitäten besser zu strukturieren. Die damals gut 50 Aktiven organisierten eine Kleiderkammer im katholischen Pfarrheim St. Theresia sowie eine Fahrradwerkstatt an der Schule. Ein Sprach-Café und eine eigene Fußballmannschaft im FC Neuruhrort entstanden. Es gab zudem Sprachkurse – unterstützt von Studierenden der Universität Bochum – Begegnungsfeste und Vermittlung von Rechtsbeistand bei Asylverfahren.

Ein nächster Schritt der Integration war die Suche nach Wohnungen, bei der sich etwa Rita Kordt (Kath. Kirchengemeinde) besonders engagierte, und damit verbunden die Beschaffung von Mobiliar – beides war von Erfolg gekrönt. Die anschließende Suche nach Praktikums-, später auch Ausbildungsplätzen sowie Arbeitsstellen verlief unterschiedlich erfolgreich. „Vor allem unser Koordinierungsratsmitglied Hans-Jürgen Bahr (CDU-Ortsverein) sowie der Eppendorfer Heimatverein setzten sich dafür ein“, berichtet Günter Ruddat.

„Als die Stadt später für die Unterbringung der Flüchtlingsfamilien Wohnungen organisierte, eine größere Unterkunft in der Höntroper Str. einrichtete und die alte Schule schloss, kam es zu einem Einschnitt für unsere Arbeit“, so Ruddat weiter. Gleichwohl blieben über Tandem-Patenschaften, Grillfeste, Ausstellungen sowie Begegnungsfeste einige enge Beziehungen bestehen. „Unvergesslich bleibt für mich unser Internationales Fest der Begegnung vor der Europawahl im Mai 2019 hier im Gemeindehaus“, strahlt Ralf Michalzik (Ev. Freikirchliche Gemeinde): „Das war gelebte Integration hier im Stadtteil.“

Veränderungen in der Asylpolitik allgemein und vor Ort, schleppende Asylverfahren, unter Depressionen leidende Migranten sowie unterschiedliche Erwartungshaltungen zwischen Einheimischen und Neuzugezogenen führten auch zu schwierigen Situationen, so Ruddat. „Am schlimmsten war es für mich, als ein durch Krieg und Flucht traumatisierter junger Mann sich zu Tode stürzte“, erinnert sich der Theologieprofessor und Pfarrer. Mit einer christlich-muslimischen Trauerfeier in der Schule sowie einer Beerdigung auf dem muslimischen Friedhof in Oberhausen nahmen viele bewegt Abschied.

Insgesamt sind sich die Aktiven im Koordinierungsrat beim Rückblick aber sicher: „Die Hilfsbereitschaft der Eppendorfer für ihre Flüchtlinge war groß.“

Das nächste Treffen der Aktiven des ökumenischen Flüchtlingsnetzwerks ist am Dienstag, 3. November, um 18 Uhr im Ev. Gemeindehaus Eppendorf (In der Rohde 6). Anfragen und Anregungen an guenter@ruddat.net oder 02327/71205.

Fritz-Wicho Herrmann-Kümper