Evangelische Jugendhilfe: "Förderturm - Die Elternschule" stärkt im Alltag

Erstellt am 20.08.2018

Sichere Armlage für Puppe Eva. Sozialarbeiterin Katharina Koch (l.) und Kinderkrankenschwester Carmen Koelmann-Jerzina zeigen, wie es geht. Foto: Fritz-Wicho Herrmann-Kümper

 

"Mir hilft die Elternschule sehr", erklärt Mutter Sarah (Name geändert). Die 23-Jährige ist derzeit täglich mit Sohn Timo beim neuen Jugendhilfeangebot "Förderturm - Die Elternschule" der Evangelischen Jugendhilfe Bochum (EJH) zu Gast.

"Hier bekomme ich Rat rund um meinen acht Monate alten Sohn. Etwa wenn er weint oder nicht isst und ich mir deshalb Sorgen mache", erzählt sie. Stolz ist sie darauf, dass sie Timo inzwischen selbst bekochen kann. "Am liebsten isst er Kartoffeln", lacht die junge Mutter.

Doch was ist die "Die Elternschule"? "Das ist ein Hilfsangebot für Eltern mit Kleinkindern von null bis drei Jahren, die erhöhten Förderbedarf haben", erklärt Bereichsleiterin Ilka Bartnik von der EJH. Anfang April startete es mit zwei Elternpaaren. Insgesamt können sechs Familien das Schulungsangebot nutzen, dessen Plätze das städtische Jugendamt vermittelt. "Aktuell ist noch ein Platz frei", sagt Bartnik: "Wir können laufend aufnehmen, insofern etwa frei ist."

Die ambulante Einrichtung fördert und begleitet junge Eltern in ihrem Alltag, damit sie diesen zum Wohl des Kindes gut bewältigen. Das heißt, die Eltern kehren täglich mit ihren Kindern in die heimische Wohnung zurück. "Sie bleiben damit in ihrem sozialen Umfeld zu Hause und werden nicht stationär untergebracht wie etwa in unserer Mutter-/Vater-Kind-Einrichtung ‚Flügelort‘", so die Bereichsleiterin weiter.

Die Einrichtung arbeitet auch anders als eine traditionelle Schule, die auf Wissensvermittlung ausgerichtet ist. "Wir knüpfen an die Stärken der Eltern an", berichtet Teamleiterin Katharina Koch. Das heißt im Schulalltag wird das Wissen der Eltern aufgegriffen und positiv bestärkt. "Wer Ideen hat, was er mit seinem Kind altersgemäß spielen kann, wird ebenso ermutigt, wie diejenige, die sich um ein kindgerechtes Essen oder Windeln kümmert", erzählt Koch weiter. Ergebnis, so die Sozialarbeiterin: "Die Eltern erleben, dass sie selbst in der Lage sind, ihr Kind beim Aufwachsen gut zu fördern. Wo sie Unsicherheiten verspüren, wissen sie, dass sie von uns Hilfe erhalten. Das schafft Selbstbewusstsein!"

Die unverzichtbare Voraussetzung für das Unterstützen durch "Förderturm" ist damit der Elternwille, die eigenen Kinder so gut wie möglich selbst groß ziehen zu wollen. "Da unsere Arbeit eine Jugendhilfemaßnahme ist, müssen die Eltern zunächst städtisch betreut werden, über 18 Jahre alt sein sowie in der Regel in einer eigenen Wohnung leben. Zudem müssen sie einen Antrag auf ‚Hilfe zur Erziehung‘ beim Jugendamt stellen", erklärt Bartnik. Wenn die Kinder älter als drei Jahre alt sind, übernimmt die wohnraumnahe Kindertagesstätte das Fördern des Nachwuchses bis zur Einschulung.

Der Alltag in der Elternschule beginnt wochentags täglich um 9 Uhr. Ein Spielkreis mit den älteren Kindern eröffnet das Angebot. "Damit erleben die Eltern, wie wichtig diesen das Spielen als soziale Zuwendung ist. Wenn wir miteinander tanzen und singen, sind nicht nur die Kleinen glücklich", berichtet Koch.

Nach dem Spielkreis steht das Mittagessen an. Das heißt planen, Einkaufen gehen, kochen und miteinander essen. "Wir üben da nicht nur den verlässlichen Alltag mit Kindern ein, sondern zeigen auch auf, wie diese einbezogen werden, ohne dass sie im Mittelpunkt stehen oder vor Medien abgesetzt werden", erklärt Koch.

Wenn die Kinder am frühen Nachmittag eine Ruhepause machen, gehen die Eltern richtig in die Schule. Ob Notfallplan, wenn das Kind krank wird, routinemäßiger Arztbesuch Behördengänge oder Spielgruppe: die Eltern lernen, Termine zu machen und sie ohne Ängste vor dem eigenen Versagen wahrzunehmen. "Mein Thema ist immer wieder, den Eltern Ängste beim Umgang mit ihrem Nachwuchs zu nehmen, sei es beim Tragen, Wickeln, Baden oder zu Ernährungsfragen", erklärt Kinderkrankenschwester Carmen Koelmann-Jerzina dazu. Mit Hilfe von Puppe Eva übt sie das meiste ganz praktisch ein.

Die Idee für das ambulante Angebot "Förderturm - Die Elternschule" entstand 2012 bei der Evangelischen Jugendhilfe. 2017 erfolgte die städtische Förderzusage. Diesem voran ging die Eröffnung der stationären Mutter-/Vater-Kind-Einrichtung "Flügelort" im Jahr 2011. "Wir stellten danach fest, dass Eltern oder Alleinerziehende unter bestimmten Voraussetzungen den Umgang mit ihrem Nachwuchs kostengünstiger und sozialverträglicher ambulant erlernen können", so Bartnik.

Fritz-Wicho Herrmann-Kümper

Babyspaß im Bällebad: Puppe Eva macht es vor. Foto: Fritz-Wicho Herrmann-Kümper