Ümminger Friedhof: Verjüngungskur mit Skalpell, Kleber und Draht

Erstellt am 26.06.2018

Mit dem Skalpell am Werk: Diplomrestauratorin Jana Nowak bearbeitet vorsichtig einen Stein.

 

Auf dem historischen Ümminger Friedhof herrscht derzeit reges Leben: Fachleute restaurieren die jahrhundertealten Grabsteine.


Weiße Gewebeplanen decken wie Zipfelmützen die 76 Grabsteine auf dem historischen Ümminger Kirchhof ab. Für Freunde der Verpackungskunst ist das - vor allem im Kontrast zum kräftigen grün der Wiese - ein toller Anblick. Dr. Christoph Hellbrügge, der die Steine mit seinem Team derzeit saniert, sieht darin mehr den Zweck. "So sind die Steine bis zum Abschluss unserer Arbeiten gut geschützt", erklärt der 61-jährige studierte Kunsthistoriker und Restaurator.

Hellbrügge zeigt dazu auf mehrere Planen voller Vogelkot. Durch die Exkremente sind die historischen Grabsteine aus Sandstein, von denen die ältesten aus dem Jahr 1623 stammen, nicht nur ein unschöner Anblick. Die Hinterlassenschaften führen auch neben Sonne, Regen und wechselnden Temperaturen zu erneuten Verwitterungsprozessen an den Steinen. "Etwa alle 20 Jahre sollten diese Grabsteine deshalb gereinigt und gesichert werden", rät der Fachmann.

Was der Restaurator unter dieser denkmalpflegerischen Maßnahme versteht, führt er anschließend an den Steinen und am Arbeitstisch vor. Das Erfassen und Nummerieren jedes einzelnen Grabsteins in einem Kataster bildet den Ausgangspunkt. Hellbrügge und sein dreiköpfiges Team dokumentieren dazu akribisch alle Schäden, inklusive der aktuellen Erhaltungsmaßnahmen.

Reinigen, vorsichtiges Bearbeiten des Steins - auch mit dem Skalpell - und punktgenaues Instandsetzen der aufgefundenen Spalten und Löcher folgen derzeit. "Wir nehmen von jedem Stein eine Materialprobe, um mit gemahlenem Stein genau dieser Materialqualität und Farbigkeit vermischt mit Epoxitharz die Schäden zu beheben", erklärt der Restaurator. Ziel: Nachfolgende Schädigungen des Grabsteins durch die Reparaturen möglichst zu minimieren sowie diese für das Auge kaum sichtbar zu halten.

Bei größeren Spalten baut Hellbrügge auch dünnen Edelstahldraht ein, um dem Grabstein dort zukünftig mehr Halt zu geben. "Wir bohren dafür mit dem Schlagbohrer drei Millimeter dicke Löcher, legen den Draht ein und verkleben alles mit dem vorher extra für den Stein angemischten Material", erklärt der Restaurator.

Für das zielgenaue Verkleben nutzt Hellbrügge so genannte "Packer", kleine runde Plastikstöpsel, die vorab auf die Schadstellen gesetzt werden. Nach dem Austrocknen werden sie abgenommen. "Hier kommt mir meine Maurerlehre zu Gute, die ich gemacht habe, um damit mein Studium während der Semesterferien zu finanzieren", schmunzelt der Fachmann. Inklusive praktischer Materialkunde.

Pro Tag schafft das Team durchschnittlich einen Stein. Bis August sollen alle Steine runderneuert sein. Denn im September ist ein Hoffest bei Schulte Ümmingen geplant, um das Ende der Arbeiten zu feiern.

Die Restaurierungsarbeiten finanzieren die "Bürgerinitiative zur Erhaltung des Ümminger Kirchhofs" und die Bochumer Kortum-Gesellschaft mit Unterstützung der NRW-Stiftung. Initiator und Historiker Clemens Kreuzer macht sich seit Dezember 2015 stark für diese Arbeiten. Diese umfassen auch die Sanierung der historischen Grundmauern der 1895 wegen Baufälligkeit abgerissenen "Dorfkirche Ümmingen" im Laufe des Sommers.

Kirchmeisterin Ulrike Frielinghaus von der evangelischen Kirchengemeinde Querenburg, der der Friedhof gehört, freut sich. "Es ist toll, wie sehr sich Herr Kreuzer und die Initiative für diesen Kirchhof einsetzen. Unsere Gemeinde hätte das nicht stemmen können."

Der historische Kirchhof ist auf dem Friedhof Ümmingen (Alte Ümminger Straße/Auf dem Rüggen zu finden. Förderer willkommen. Spendenkonto: Kortum-Gesellschaft e.V., Sparkasse Bochum IBAN: DE25 4305 0001 0001 3597 77, Stichwort "Kirchhof Ümmingen".