Die Freiheitsliebe der Armenier

Erstellt am 02.11.2018

Beachtenswerter Vortrag des Historikers Azat Ordukhanyan in der Evangelischen Stadtakademie

Heide Rieck, Mitgründerin der „Bochumer Literaten“, stellte im Gespräch mit dem Historiker Azat Ordukhanyan Gedichte armenischer Autoren vor. Foto: Frauke Haardt-Radzik

In einem beachtenswerten Vortrag in der Evangelischen Stadtakademie stellte jetzt der Historiker Azat Ordukhanyan die große und unerschütterliche Hoffnung des armenischen Volkes auf Freiheit vor.


Seit dem frühen Mittelalter, als die Türk-Seldschuken ihr Land überfielen, kämpfen die Armenier für ihre Unabhängigkeit im eigenen Land. Dieser Völkermord an den Armeniern und die öffentliche Anerkennung dieses Geschehens in Deutschland als eben ein Völkermord, sorgte für Verstimmung im deutsch-türkischen Verhältnis. Dabei erwarten die Armenier traditionsgemäß Hilfe aus dem christlichen Abendland. Und Deutschland hatte dabei durchgehend eine wichtige Bedeutung.

Armenien war der erste christliche Staat dieser Welt, aus heutiger Sicht liegt das Land weit ab irgendwo im Kaukasus. „Hand aufs Herz: Können Sie sofort die Anrainerstaaten von Armenien benennen?“ Akademieleiter Arno Lohmann wies mit dieser Frage in seiner Begrüßung darauf hin, dass das Land im Kaukasus für viele Menschen hier im Westen recht unbekannt erscheint.

Wie kann es sein, dass ein so winziger Staat, gerade mal so groß wie Sachsen, ebenso wie die Nachbarländer Georgien und Berg Karabach etwa, die Welt in Atem halten?

Antwort auf diese Frage versuchte Azat Ordukhanyan zu geben, der auch Vorsitzender des Armenisch-Akademischen Vereins 1860 e.V. ist. Er stellte in einem Geschichtsüberblick dar, welche westlichen Fürsten und Könige im Laufe der Jahrhunderte nach Armenien reisten. So etwa der römisch-deutsche Kaiser Friedrich I, auch bekannt als Barbarossa, der sich während eines Kreuzzuges auf den Weg zum ersten König von Armenien machte.

„Auch das Fürstengeschlecht der Wittelsbacher hatte ständig enge Beziehungen zu Armenien“, führte Ordukhanyan weiter aus. Es gebe sogar Historiker, die nachweisen wollen, dass Wittelsbacher von mütterlicher Seite Armenier gewesen seien: „Es gibt Geschichten in Armenien, die erzählen, dass im Mittelalter, wenn ein deutscher Fürst eine Prinzessin heiraten wollte, er auf die armenische Herkunft Bezug nahm, um die Prinzessin zu bekommen.“

„Die Bayern stammen also aus Armenien!“ Zu dieser kühnen Aussage trieb es gar einen Zuhörer in der folgenden Diskussion. Gemeint ist damit die erwähnte Beziehung des Wittelsbacher Geschlechts zu Armenien. So hatten etwa von Mitte des 18. Jahrhunderts an Mitglieder der armenischen Fürstenfamilie von Aretin, nachdem Angehörige von ihnen nach Deutschland gekommen waren, im gesellschaftlich-politischen, wissenschaftlichen und kulturellen Leben Deutschlands tiefe Spuren hinterlassen. Insbesondere in den südlichen Gebieten, daher wohl auch die obige Aussage des Zuhörers. Eine Nachfahrin war etwa die in den 60er, 70er Jahren bekannte Fernsehmoderatorin Annette von Aretin.

Vielfältig waren die Versuche verschiedenster europäischer Fürsten und Könige, das armenische Volk zu befreien, legte der zur Zeit in Bochum promovierende Historiker Ordukhanyan in seinem Vortrag dar. Doch als christliches Land in direkter Nachbarschaft zu den islamisch geprägten Nachbarn Persien und Türkei blieb und bleibt Armenien bis heute auf schwierigem Terrain.  

                                                                                                                                                                                                                                Frauke Haardt-Radzik