Jugendliche kommen auf die eigenen Beine

Erstellt am 01.09.2018

Das "WohnMobil" der Evangelischen Jugendhilfe Bochum

"Ich möchte wieder mit der Schule beginnen. Im September geht es los ", freut sich Dominik. Der 19-jährige ehemalige Oberstufenschüler geht dann zwar nicht zurück an seine Schule, aber er besucht dann das Berufskolleg. "Ich mache eine Ausbildung zum Informationskaufmann", erzählt er.

Bis dahin war es für Dominik ein weiter Weg. Lange ging es ihm durch die Scheidungsauseinandersetzungen seiner Eltern seelisch so schlecht, dass er sich nicht mehr aufs Lernen konzentrieren konnte. Folge: Er zog zu Hause aus, um wieder auf die Beine zu kommen. Mit Hilfe des Jugendamtes fand der hoch gewachsene Junge im Oktober 2017 Unterstützung beim Jugendhilfeangebot "WohnMobil" der Evangelischen Jugendhilfe Bochum (EJH).

Der junge Erwachsene lebt dort in seiner eigenen "Trainingswohnung", aber nicht sorglos in den Tag hinein. Vielmehr gibt es einen klar strukturierten Alltag, der werktags mit Wecken morgens um 7 Uhr startet. Körperpflege, Frühstück, Angebote am Vormittag sowie Betreuungsgespräche, verbunden mit persönlichen Arbeitsaufgaben, folgen.

"Wir wollen, dass sich unsere Bewohner nach gut einem Jahr ihren Alltag eigenverantwortlich organisieren, einen Haushalt führen können, soziale Fähigkeiten besitzen sowie einen Schulabschluss haben", gibt Teamleiterin Guiseppina Furnari die Ziele vor. Ist das erreicht, heißt es Ausziehen in eine eigene Wohnung. Dort werden die jungen Erwachsenen zunächst weiterhin begleitet.
Die Sozialarbeiterin betreut mit ihrem Team in dem Wohnhaus in Werne acht junge Erwachsene im Alter von 17 bis 20 Jahren. Davon zwei in Außenwohnungen. Weitere 12 Trainingswohnungen mit einem eigenen Team gibt es in Wattenscheid.

"Wir lernen kochen, putzen und waschen", berichtet Sindi. Der 17-jährige Flüchtling aus dem Irak zog im Juni ein und geht in die Schule. Täglich lernt er seitdem Deutsch. Das klappt gut. "Ich möchte hier meinen Schulabschluss und eine Ausbildung machen", sagt er. An diesem Tag kochen Sindi und Dominik das Mittagessen. Für die Nudelsoße verarbeiteten sie frische Tomaten und Zwiebeln. Denn auch die gesunde Ernährung erlernen sie.

Zum Wochenplan gehören darüber hinaus ein Sport- und ein Werkangebot. "Beim Werken reparierten wir zum Beispiel ein Stuhl, indem wir ihn zusammenschraubten, und schliffen einen Tisch ab", sagt Dominik. Für ihn eine neue und kreative Erfahrung mit Erfolgserlebnis. Der 19-Jährige erklärt deshalb: "Das Angebot war für mich eine große Hilfe. Allein wäre ich aus meiner psychisch depressiven Situation nicht wieder auf die eigenen Beine gekommen."

"WohnMobil" ist ein klassisches Jugendhilfeangebot, das es seit 2014 gibt. Wer dort einzieht, bedarf der Förderung durch das Jugendamt. "Er/sie muss zudem 16 Jahre alt sein sowie bereits in der Lage sein, betreuungsfreie Zeiten in der Nacht und am Wochenende selbst zu gestalten", betont Bereichsleiterin Eveline Cieslik. Einzug immer dann, wenn ein Platz frei wird.

 Fritz-Wicho Herrmann-Kümper

Soziale Aufgabe: Sindi (l.) und Dominik kochen das Mittagessen für alle Einrichtungsbewohner in der Gemeinschaftsküche.

Dominik beim wöchentlichen Betreuungsgespräch mit Teamleiterin Guiseppina Furnari. Fotos: Fritz-Wicho Herrmann-Kümper